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Inhaltsverzeichnis

KAPITEL 1:

Die Geschichte des Schotthocks

KAPITEL 2:

Das Leben im Schotthock

KAPITEL 3:

Es ist lange her

KAPITEL 4:

Die Bauern

 

KAPITEL 7:

Gemeinde im Schotthock

 

Der Schotthock vor 5 Generationen

Ob diese Zeit eine „Gute alte Zeit" war, könnte eigentlich nur derjenige beantworten, der sie miterlebt hat. Vom wirtschaftlichen Standpunkt und vom Lebensstandard aus kann man nicht von einer guten Zeit sprechen, wenn man die nachfolgenden Zahlen und Statistiken sieht. Trotzdem waren die Menschen wahrscheinlich zufriedener als heute und lebten mit weniger Hektik und Anspannung.

Der Schotthock hatte um 1865 etwa 280 Einwohner, die in cirka 23 Häusern wohnten. Sein Gebiet wurde ausschließlich als landwirtschaftliche Fläche genutzt; es gab noch keine Industrie. Bauernsöhne, die nicht den Hof erbten, mußten in der später aufkommenden Rheiner Textilindustrie ihren Unterhalt suchen oder als Neubauer ein bescheidenes Dasein fristen. Wirtschaftlich ging es aufwärts, nachdem sich bei der Markenteilung 1845 einige Bauern und Kötter Land hatten dazukaufen können. 22Die meisten Bauern im Schotthock waren zu dieser Zeit kleine Kötter, die von 15 bis 50 Morgen Land leben mußten. Der Viehbestand war auf den kleinen Höfen sehr gering. Es standen etwa 3 Kühe und 3 Schweine im Stall. Als Zugtiere dienten Kühe; Pferde gab es nur auf den größeren Höfen, wie Welschemeyer, Austrup, Schottmeyer. Außer allerhand Kleinvieh hielt man auf einzelnen Höfen auch einige Schafe.

Nach der allgemeinen Nutzung der Marken ging der Schafbestand aber sehr stark zurück. Bienenstöcke hatte man auf fast allen Höfen. Sie lieferten den Honig als Brotaufstrich und zum Süßen der Speisen.

Über die Bekleidung wissen wir aus dieser Zeit sehr wenig. Eine Tracht ist aus unserer Gegend nicht bekannt. Die Männer hatten grobe Hosen und Jacken aus Leinen, während die Frauen doch schon Kleidungsstücke aus Schafwolle trugen. Für Wäsche und Bekleidung wurden für die ganze Familie etwa 15 - 20 Taler pro Jahr ausgegeben.

Nun sagen diese Zahlen, wenn man sie isoliert darstellt, nichts aus, wohl aber vor dem Hintergrund von Einkommensverhältnissen, Lebenshaltungskosten und Lebensmittelpreisen. Deshalb sei im folgenden dieser Hintergrund noch etwas ausgeleuchtet. So verdiente um das Jahr 1850:

  • ein Knecht im Jahr              20 -30 Taler u. Kost
  • eine Magd im Jahr              15 -24 Taler u. Kost
  • ein Hausschneider im Jahr  95 Taler u. Kost
  • ein Tagelöhner im Jahr       75 Taler u. Kost
  • ein Spinner im Jahr           175 Taler ohne Kost
  • ein Weber im Jahr             150 Taler ohne Kost

Man rechnete zu dieser Zeit an Lebenshaltungskosten für eine 5-köpfige Familie 150 - 200 Taler. Diese Summe teilte sich in etwa wie folgt auf:

  • Nahrungsmittel      100-120 Taler
  • Wohnung                15-30 Taler
  • Brennmaterial         10-14 Taler
  • Wäsche                   15-20 Taler
  • Hausrat                       3–7 Taler
  • Werkzeug                   4–5 Taler
  • Sonstige Abgaben      3–4 Taler

Die Arbeiter in den Fabriken bekamen ihre Arbeit aber nur pro Arbeitstag bezahlt, so daß also an Feiertagen und Krankentagen kein Lohn ausgezahlt wurde. Es gab noch keine Sozialversicherung, folglich mußte bei längerer Krankheit die Armenkasse einspringen. Daß die Menschen in dieser Zeit einigermaßen zurechtkamen, lag daran, daß Tagelöhner und Handwerker ihr eigenes Schwein im Stall hatten und Kartoffeln und Gemüse selbst zogen.

Die Lebensmittelpreise waren im Vergleich zu heute sehr hoch. So kostete

  • 1 Pfund Schwarzbrot             1 Sgr.
  • 1 Pfund Webrot                     2 Sgr.
  • 1 Pfund Schinkenspeck         5 Sgr. 6 Pfg.
  • 1 Pfund Schweinefleisch        3 Sgr. 4 Pfg.
  • 1 Pfund Rindfleisch                3 Sgr.
  • 1 Pfund Butter                        5 Sgr.
  • 8 große Eier                           2 Sgr.

Ein Tagelöhner verdiente bei 300 Arbeitstagen im Jahr 75 Taler. Das entsprach für einen Arbeitstag, der in der Regel 10 Stunden dauerte, 7 Silbergroschen.

1 Taler = 30 Silbergroschen = 300 Pfennige.

Die 7 Silbergroschen waren nach heutigem Einkaufswert etwa 10,-DM.

Was ein Tagelöhner für seinen Tageslohn von 7 Silbergroschen kaufen konnte, kann man in obiger Tabelle nachsehen.

Auf den Bauernhöfen war die Versorgung mit Lebensmitteln einfacher als bei Tagelöhnern und Handwerkern, da sie Selbstversorger waren. Aber auf manchen Kotten herrschten nach schlechten Ernten auch Leid und Hunger. Oft verließ der Kötter sein Anwesen zwischen „saien und maßen", um als Hollandgänger einige Gulden dazu zu verdienen.

Die Straßen des Schotthocks waren in jener Zeit noch nicht ausgebaut. Vorhanden waren aber der Postweg, Lingener Damm, Speller Damm und Ludgeristraße. Der alte Postweg begann an der Emsbrücke, ging über die Lingener Straße, weiter über die Walshagenstraße, abbiegend etwa am heutigen Schlachthof, und mündete in Höhe des Bauern Scheipers auf den heutigen Lingener Damm. Später bog die Lingener Straße an der Wirtschaft Haarmann ab und ging über den Alten Lingener Damm, beim Bauern Schottmeyer und an der Wirtschaft Beverburg vorbei, auf die Trasse des neuen Lingener Dammes.

Der Speller Damm bog in der Höhe des Ehrenmals vom Lingener Damm ab, verlief hinter „Bauer Kreimeier" her und mündete in Höhe von Fernseh-Kersting auf die heutige Bonifatiusstraße. Von dort führte er durch den Altenrheiner Brook weiter nach Spelle. Im Jahre 1897 wurde die Trasse durch den Bau des Dortmund-Ems-Kanals unterbrochen und später mit einer Brücke versehen.

Die Ludgeristraße war die Zufahrt nach Altenrheine. Sie bog beim heutigen K+K von der Lingener Straße ab und verlief beim Bauern Welschemeyer, bei Schroer und Werning vorbei über die Lange Riege nach Altenrheine. Sonst gab es im Schotthock keine Straßen, sondern nur unbefestigte „Päddkes". Auch die Hauptstraßen waren nicht befestigt und bildeten bei Regenwetter eine große Wasserwüste.

Um 1864 gab es im Schotthock noch keine Schule. Die Kinder gingen in eine sogenannte Bauerschaftsschule in Altenrheine. Die Lehrer waren meist Handwerker oder Weber, die neben ihrer Arbeit die Kinder unterrichteten.

Der Viehbestand im Schotthock gliederte sich im Jahre 1864 etwa so:

13 Pferde, 80 Kühe, 30 Schafe, 60 Schweine, 6 Ziegen, 20 Bienenstöcke.

Diese Zahlen sind aber ein Schnitt des gesamten Amtes Rheine. Ich hoffe, dem Leser mit diesem Kapitel einen Einblick in das Leben unserer Ururgroßeltern gegeben zu haben.

 

Etwas von alten Maßen, Münzen und Gewichten

In diesem Buche werden wiederholt verschiedene Maße, Münzen und Gewichte der vergangenen Zeiten genannt. Im folgenden werden sie noch einmal zusammengestellt.

25So vielgestaltig früher das alte Deutsche Reich war, so unterschiedlich war auch das Münzwesen. 1524 wurde durch die deutsche Reichsmünzordnung die Mark = 12 Schillinge = 144 Denare (Pfennige) eingeführt. Im 16. Jahrhundert tauchte der Taler auch hier bei uns in Westfalen auf. Da er im ganzen Reich Gültigkeit hatte, nannte man ihn Reichstaler = Rtlr.

Sein Wert:

1 Rtlr= 21 Schillinge = 24 Gutegroschen (gGr) = 36 Mariengroschen (mGr) = 252 Pfennig.

Durch das benachbarte Holland, das zeitweilig von den Spaniern besetzt war, kam der holl. Gulden auch nach hier. I Gulden (hfl) = 28 Stüber (st) = 488 holl. Pfennige.

Im Jahre 1652 war der preußische Taler 50 Stüber wert, im Jahre 1787 wurden für einen preußischen Taler nur noch 36-38 Stüber gezahlt.

Der Wert und die weitere Stückelung des Geldes war in der folgenden Zeit sehr unterschiedlich. Einige Angaben mögen dies beleuchten:

Um 1800 wurde 1 Rtlr. in 24 Gutegroschen oder Mariengroschen oder 288 Pfennige eingeteilt.

Ab 1858 galt: 1 Taler = 30 Neugroschen = 300 Pfennige.

Ab 1866 galt: 1 Taler = 30 Silbergroschen = 360 Pfennige.

Ab 1873, nach der Gründung des Deutschen Kaiserreiches, wurde 1 Mark = 10 Groschen = 100 Pfennige eingeführt.

Der holl. Gulden hatte im Jahre 1873 einen Wert von 66 Pfennig.

Das Getreide wurde in alter Zeit nicht gewogen, sondern mit Hohlmaßen gemessen. 1 Malter (molt) waren 12 Scheffel (schepel) oder 48 Spint. Nach heutigem Maß entsprach ein Malter etwa 400 Pfund = 4 Zentnern, 1 Scheffel entsprach 4 Spint = 330 Pfund.

In alten Papieren liest man noch von einem „gestrichenen" oder „gehäuften" Maß. Bei einem gestrichenen Maß wurde das Gefäß mit einem Stock abgestrichen. Bei einem gehäuften Maß schüttete man soviel Korn in das Gefäß, bis es nach allen Seiten abfloß. Gespilltes Korn war gereinigtes Korn.

Als Flächenmaße haben sich die alten Bezeichnungen Scheffelsaat und Morgen noch erhalten. Ein Scheffelsaat ist die Fläche, für die ein Scheffel Getreide benötigt wird. Drei Scheffelsaat = 1 Morgen, 4 Morgen = 1 ha Land.

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