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Inhaltsverzeichnis

KAPITEL 1:

Die Geschichte des Schotthocks

KAPITEL 2:

Das Leben im Schotthock

KAPITEL 3:

Es ist lange her

KAPITEL 4:

Die Bauern

 

KAPITEL 7:

Gemeinde im Schotthock

 

Unsere Heimat in der Germanenzeit

Es ist zwar bekannt, daß das Gebiet um Rheine für die Römer eine Rolle gespielt hat, als sie das Bruktererland erobern wollten: wie es aber im Schotthock zu dieser Zeit im einzelnen ausgesehen hat, weiß keiner genau zu sagen. Fest steht auf jeden Fall, daß der Schotthock schon vor Christi Geburt besiedelt gewesen ist. Unwahrscheinlich aber ist, daß das Steinkistengrab bei Ahlmer vor über 4.000 Jahren in seiner unmittelbaren Nachbarschaft Bewohner gehabt hat. Noch waren die Menschen nicht seßhaft, und durch Katastrophen und Epidemien wurden oft ganze Familien dahingerafft.

Um etwas Licht in diese Zeit zu bringen. können wir uns nur auf den Reisebericht der beiden römischen Schriftsteller Julius Cäsar und Cornelius Tacitus stützen.

Die Beobachtungen, die Cäsar über Land und Leute Germaniens machte, stellt er in anschaulicher und lebenwahrer Weise dar. Seine Schilderungen können wir auch auf unsere Gegend beziehen, da sie z.T. heute noch zutreffen.

Nach den Darlegungen Cäsars bedeckten damals ganz Westdeutschland ausgedehnte Wälder, die aber keineswegs unpassierbar waren, und zwischen denen oasenartig eingestreute Waldsteppen und Ackerbreiten lagen oder, wie in unserer Gegend, baumlose und strauchlose Heidehügel und Sandrücken hervorlugten. Solche Erhöhungen waren der Kreienesch und die Hovesaat. Hier werden denn auch, wie schon erwähnt, die ersten Ansiedlungen im Schotthock vermutet. Man nahm die höher gelegenen Flurstücke an der Eins, weil sie trocken waren. Der andere Teil des

Schotthocks war ziemlich versumpft und konnte für den Ackerbau schlecht oder gar nicht benutzt werden. Das zwischen den verstreut liegenden Einzelgehöften sich ausbreitende Umland diente der gemeinschaftlichen Nutzung.

Römischer Legionär

Angebaut wurden Gerste und Hafer, später Roggen; ferner Hirse, Bohnen, Erbsen, Rüben, Flachs und Hanf. Zur Bestellung der Ackerflure diente anfangs der Hakenpflug; später wurde er durch den Räderpflug ersetzt. Egge, Hacke und Schaufel wurden aus Holz gefertigt. Außer Ackerbau kam zu Cäsars Zeiten die Jagd und die Viehzucht dazu. Rind, Schaf, Ziege und Schwein standen im Dienste der Ernährung. Ursprünglich besaß kein Germane eine abgegrenzte Feldmark oder gar eigene Grundstücke. Vielmehr tauschten die einzelnen Sippen die zum Anbau benutzten Flächen und damit auch die Wohnsitze von Jahr zu Jahr aus, wie Cäsar ganz besonders hervorhebt. Als Folge der hierdurch bedingten jährlichen Wanderungen von Ort zu Ort wird auch wohl unsere Heimat in jedem Jahr neue Bewohner gesehen haben.

 

Dieser Zustand hatte sich aber zu Tacitus' Zeiten grundlegend geändert. Tacitus lebte rund 150 Jahre nach Cäsar und ergänzte dessen Berichte über Germanien auf eine wertvolle Weise. So erfahren wir, daß immer mehr Stämme seßhaft geworden waren. Das Wanderleben hatte aufgehört. Von nun an wurden die Ländereien nach der Anzahl der Bebauer verlost. Jeder einzelne Sippengenosse erhielt einen bestimmten Anteil zugewiesen. Dieses Sondernutzungsrecht schloß aber noch kein ausgesprochenes Besitzrecht an dem zugeteilten Grund und Boden ein. Das entwickelte sich mit der Zeit erst ganz allmählich. Später hatten sich die Besitzverhältnisse soweit gefestigt, daß jeder germanische Bauer eine Dauerwohnung sein eigen nennen konnte.

 

   Germanischer Krieger

In seinem Bericht über die wirtschaftlichen und sozialen Belange unserer germanischen Vorfahren findet Tacitus Worte von höchster Anerkennung für den hohen sittlichen Stand unserer Altvorderen. Mit lobenswerter Unparteilichkeit würdigt der genau beobachtende Geschichtsforscher und Menschenkenner die charakterlichen Vorzüge des ihm fremden Germanenvolkes, dem er nicht nur sein Recht läßt, sondern für das er sich sogar erwärmt. Rühmend hebt er die bei ihnen geltenden Mannestugenden der Tapferkeit und des Mutes, der Kühnheit und ganz besonders der Treue hervor. Diese halten sie so in Ehren, daß sie selbst in einer üblen Situation, etwa beim Verlust der persönlichen Freiheit, ihre Halsstarrigkeit, wie er die gewissenhafte Einlösung eines einmal verpfändeten Wortes nennt, beweisen. Galt ihnen Feigheit als die größte Schande, die den Mann ehrlos machte, so besangen sie andererseits die Taten der Helden in Volksliedern. Größtes Lob wird dem edlen Verhältnis der beiden Geschlechter zueinander gezollt, namentlich der Sittenreinheit der germanischen Jugend. Mit seltenem Freimut und bewundernswerter Offenheit stellt Tacitus seinen sittenverderbten Landsleuten das Familienleben der Germanen als nachahmenswertes Beispiel vor Augen. Wie das Glück jeder Familie in einer kinderreichen Ehe bestand, so zielte die Erziehung der Jugend auf die Heranbildung eines körperlich und geistig gesunden und charakterlich wertvollen Geschlechts hin. Diese Aufzeichnungen aus der Germanenzeit sollen einen kleinen Einblick in die Lebensweise unserer Vorfahren vor rund 2000 Jahren geben.

 

Die Römerschlacht an der Ems

3 Daß unsere bescheidene Ems einmal ein respektabler römischer Großschiffahrtsweg gewesen ist und gewichtige Kriegstransporte getragen hat, überliefert uns Tacitus in seinen „Annalen". Drusus, der Stiefsohn des Kaisers Augustus, wollte das freie Germanien bis zur Elbe unterjochen. Die Ems sollte ihm als Wasserstraße dienen. Darum verband er Rhein und Zuidersee durch einen Kanal, die Fossa Drusiana.

Werfen wir einen kleinen Blick zurück: Im westfälischen Kerngebiet wohnten drei germanische Stämme, die Marsen, die Cherusker und, im Münsterland, die Brukterer. Als die Römer unter Quintilius Varus im Teutoburger Wald (Osning) im Jahre 9 n. Chr. von dem Cheruskerfürsten Hermann (Armin) besiegt worden waren, glaubten die germanischen Stämme, die Römer endlich aus ihrem Land vertrieben zu haben. In dieser Auseinandersetzung waren die Brukterer des Münsterlandes besonders erfolgreich gewesen, hatten sie doch den Adler der 19. Legion erbeutet.

Es schien so, als wenn die Germanen von den Römern nicht besiegt werden könnten. Uneinigkeit unter den Stämmen der Germanen verhinderte eine noch größere Stärke. Die germanische Macht zerfiel, so daß der römische Feldherr Germanicus in den Jahren 14 bis 16 n. Chr. zu Rachefeldzügen aufbrechen konnte, die sich hauptsächlich gegen die Brukterer richteten. Für diese Feldzüge soll er bis zu 80.000 Mann aufgeboten haben. Er gliederte sein riesiges Heer in drei Teile und schiffte sich mit vier Legionen über Nordsee und Ems ein. Der Feldherr Cäcina kam mit 40 Kohorten Infanterie aus den römischen Lagern an der Lippe, während der Präfekt Pedo mit der Reiterei aus Friesland nahte.

Wie dieser Pedo durch Friesland gekommen ist, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Franz Kolck schreibt, 4 daß Pedo mit den Friesen und Chauken Frieden geschlossen habe. Im Ortsnamen Quakenbrück ist noch der Name der Chauken enthalten.

Naheliegender ist der Bericht August Hollwegs, der schreibt, 5 daß die Amsivarier, die in der Gegend von Lingen und Meppen wohnten, von den Römern weiter nach Süden gedrängt wurden und sich dann mit den Brukterern verbündeten. Es gibt aber kaum noch Zweifel, daß sich die drei Heeresteile der Römer in der Nähe von Rheine vereinigt haben. Wo nun diese Stelle genau ist, kann man nicht mit Sicherheit sagen. Es gibt zwei Überlieferungen; denn Aufzeichnungen über ein Treffen der Römer in Rheine gibt es nicht.

Die erste Version stammt vom Vater des Salinenverwalters Stockmann:

Als die Römer mit ihren Legionen die Ems hochfuhren, konnten sie mit ihren schweren Lastkähnen die Furt bei Rheine nicht passieren. Sie lagerten also unterhalb von Rheine auf dem rechten und linken Ufer der Ems. Wenn zu dieser Zeit im Schotthock Menschen gewohnt haben, werden sie sicher unter der Besatzung gelitten haben. Die Bauern Ahlmer, Wiggering und Richter werden, wenn ihre Höfe damals schon vorhanden waren, die Hauptlast getragen haben.

Die Annahme, daß die Vereinigung der Truppen nördlich von Rheine stattgefunden haben muß, ist vom alten Stockmann aus Bentlage überliefert worden. Vater Stockmann hat in jungen Jahren beim Roden eines mächtigen Eichenwaldes, der am rechten Emsufer unmittelbar südlich der jetzigen Eisenbahnstrecke Rheine - Quakenbrück lag, eine Entdeckung gemacht: Beim Roden der Eichen sind die Arbeiterin etwa 80 cm Tiefe auf Brandstellen und Scherbenreste gestoßen, und hier und da haben sie auch römische Münzen gefunden, die der damalige Pfarrer von Rheine gesammelt und einem nicht bekannten Museum zur Verfügung gestellt hat. Vater Stockmann wußte nicht anders, als daß man damals von einem Biwak römischer Soldaten gesprochen habe. Man darf annehmen, daß dieses Biwak im Schotthock und auch sicher am linken Emsufer der Treffpunkt der 3 römischen Heeresteile und ihr Zusammenschluß für weitere Kampfhandlungen gegen die Brukterer war.

Die zweite Version ist die des Bauern Howekamp aus Dutum. Er berichtet, daß südlich von Rheine die Brukterer einen Hof befestigten, von wo aus Kundschafter das Herannahen der römischen Flotte melden sollten. Als die Römer in die Nähe der späteren Wirtschaft Höwische kamen - sie lag etwa 500m südlich des heutigen Industriegebietes Süd - wurden sie vernichtend geschlagen, und nur wenige entkamen.

So erzählt die Sage die Römerschlacht an der Ems. Unwahrscheinlich ist erstens, daß die Römer mit ihren Schiffen die Emsfurt passiert haben. Zweitens gibt es keine Funde über die Schlacht an der Ems südlich von Rheine, und drittens konnte keine Vereinigung der Römer stattfinden, wenn sie fast alle umgekommen sind.

Demnach ist die erste Aussage von Vater Stockmann naheliegender, und möglicherweise finden sich irgendwo die römischen Taler in einem Museum wieder. Bleiben wir bei der Aussage von Vater Stockmann. Demnach hatten sich die Römer bei Rheine getroffen und wollten nun die Brukterer unterwerfen. Fundstücke, eine Pfeilspitze auf dem Gelände des VfB-Sportplatzes und Scherben römischen Tafelgeschirrs in der Nähe des Falkenhofs zeugen von der Besatzungszeit der Römer. Sicher wurde hier ein Lager errichtet, da Rheine einen günstigen Emsübergang und die Kreuzung zweier Fernwee hatte.

Der Kampf der Römer und Germanen zog sich mehrere Jahre hin. Er brachte niemandem entscheidende Vorteile. Es gab Siege und Niederlagen auf beiden Seiten. Die Römer erorberten zwar den Adler der 19. Legion von den Brukterern zurück, mußten aber sonst das Feld räumen. Sie gaben ihr Vorhaben auf, Germanien zu einer römischen Provinz zu machen. In den Jahren darauf wurden die Rachefeldzüge wiederholt. Sie brachten den Römern wohl Siege, aber einen Durchbruch schafften sie nicht. Zwar hinterließen die Eindringlinge ein freies, aber ein durch die Kämpfe auch verwüstetes und hungerndes Land. Die Brukterer bauten ihre Hütten wieder auf und bestellten das Land wie zu Väters Zeiten.

Nach den römischen Eroberungs- und Rachefeldzügen wird es in unserer Gegend wieder ruhiger. Durch fehlende Aufzeichnungen bis ins 7.Jahrhundert kann über diese Zeit nur wenig Auskunft gegeben werden.

 

Tres domus de foresto. Zu deutsch „Drei Häuser im Walde"

6 Der münstersche Domkapitular Adolf Tibus vertrat in seiner „Gründungsgeschichte der Stifte, Pfarrkirchen, Klöster und Kapellen im Bereiche des alten Bistums Münster" die Auffassung, Dreierwalde sei gleichbedeutend mit „Tres Domus de foresto", die Bischof Siegfried von Münster (1022 - 1032) in einer undatierten Urkunde aufgrund der Stiftung der edlen Frau Reinmod und ihrer Tochter Vrederuna lnit „Offlum, Neuenkirchen, Harum, Sutrum, Wadelheim, Landersum, Nauenhorst, Bentlage links der Eros und Altenrheine und Tres domus de foresto rechts der Ems der neu zu gründenden Pfarrei Beinlaue zuwies".

Viele Heimatforscher und Geschichtsschreiber halten diese These heute für nicht haltbar, da Dreierwalde nicht zum Kirchspiel Rheine gehörte, sondern zur Pfarrei Plantlünne mit Bischofssitz in Osnabrück. Nach Überlegung und Vergleichen von alten Plänen und Urkunden bin ich zu der Vermutung gekommen. daß die „Drei Häuser im Walde" vielleicht die ersten des Schotthocks sein könnten. Meine Überlegungen stützen sich auf 5 Punkte:

    1. Der Schotthock war um das Jahr 1000 reich an Wald, der nur von Moor und Heide unterbrochen wurde.

    2. Die Höfe Niederkranfeld (Ahlmer), Oberkranfeld (Wiggering) Walshagen (Walshagenpark) liegen auf dem Gebiet, das in einen/ Heberegister schon 1362 zum Kloster Bentlage gehörte.

    3. Alle Höfe liegen auf der sogenannten Hovesaat, die von Kuba bis zum ehemaligen Bauernhof Richter reichte.

    4. Die drei Häuser liegen zwischen Altenrheine und Bentlage. Da auch in Altenrheine viele Höfe dem Kloster Bentlage abgabepflichtig waren, ist es naheliegend, daß Altenrheine und des- Schotthock zusammen dem Kloster Bentlage zugesprochen wurden.

    5. Der Bischof von Münster wird diese große Anzahl voll Kirchspielen nicht einen fremden Bischof zum Geschenk gemacht haben, da die Bischöfe zur damaligen Zeit sehr auf ihre weltliche Macht bedacht waren.

Diese Punkte können aber nur zum Teil belegt werden. Schon 1906 schreibt Löffler in einem Wanderführer, daß die drei Höfe auf der Hovesaat die Häuser „Tres domus de foresto" sind. Unabhängig davon habe ich diese These 2 Jahre vor dem Lesen der Lektüre des Wanderführers aufgestellt. Ich bin auch heute noch der Meinung, daß diese drei Häuser im Schotthock gestanden haben.

 

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