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Inhaltsverzeichnis

KAPITEL 1:

Die Geschichte des Schotthocks

KAPITEL 2:

Das Leben im Schotthock

KAPITEL 3:

Es ist lange her

KAPITEL 4:

Die Bauern

 

KAPITEL 7:

Gemeinde im Schotthock

 

Unser Schotthocker Platt

Die eigentliche Muttersprache der Westfalen ist das Plattdeutsche. Das Hochdeutsch ist erst sehr viel später entstanden. Auch im Schotthock wird seit altersher Plattdeutsch gesprochen. Viele Leute scheuen sich, obwohl ihre Eltern noch Platt gesprochen haben, auch heute noch Plattdeutsch zu sprechen. Ich persönlich halte es für sehr schade, daß diese schöne Sprache ganz langsam aus dem Sprachgebrauch des Schotthocks verschwindet. Man kann in der plattdeutschen Sprache auch vieles aussagestärker bringen, dem im Hochdeutschen der „Saft" fehlen würde.Man hört hin und wieder den Einwand, daß Plattdeutsch dem Hochdeutschen schade. Das ist nicht so. Plattdeutsch ist naturhaft, wie das Hochdeutsche eine selbständige Sprache, und beides kann sehr gut nebeneinander leben.

Oft, wenn ich mit älteren Leuten über frühere Zeiten sprach, habe ich erfahren, wie froh sie waren, wenn sie merkten, daß auch ich „Platt küern" konnte. Dann fiel ihnen ein Stein vom Herzen, die Unterhaltung wurde flüssiger, die Gesprächsrunde viel interessanter. Als ich im Frühjahr 1987 Josef Feldmann mit zur Hovesaat nahm, um seinen etwa gleichaltrigen Schulkameraden Josef Hesing zu besuchen, da hatte nicht ein hochdeutsches Wort Platz in unserem Gespräch. Und so ähnlich ging es auch in Gesprächen mit vielen anderen älteren Leuten. Sie alle sprachen Schotthocker Platt, wie sie es von ihren Eltern gelernt hatten.

Daß um die Jahrhundertwende die vielen Holländer im Schotthock sprachlich so gut mit den Einheimischen zurechtkamen, lag daran, daß das Plattdeutsche und die Mundart der holländischen Provinzen Drenthe und Twente miteinander verwandt sind. Ansonsten hätten die holländischen Kinder, 1910 waren es 27, die die Ludgerusschule besuchten und der deutschen Sprache nicht mächtig waren, große Schwierigkeiten gehabt.

Westliches Münsterland:

Mittleres Münsterland:

Tecklenburger Land:

Hellweg:

 

 

 

 

dre

drai

drei

drei

tien

tain

teggen

taien

geht

gaiht

geiht

geuht

lopen

laupen

barloupen

leopen

leu

füul

liigg

fiel

 

Wie sich nun das Plattdeutsche im Schotthock um 1900 angehört hat, kann ich nicht sagen. Fast jeder Stadtteil von Rheine hat sein eigenes Platt. Das Schotthocker Platt war kein reines Platt, denn viele Bezeichnungen, die eigentlich auf Platt gesagt werden müßten, werden im Schotthock auf Hochdeutsch gesagt. Einen kleinen Vergleich zu dem Platt anderer Gegenden des Münsterlandes ist oben an einem Beispiel geben. Dabei trifft für den Schotthock wohl die Sparte „Mittleres Münsterland" zu.

Herr Wendelmann in seinem Garten - heute Neubaugebiet Alfredstraße 42

Zu erklären sind diese Unterschiede wohl dadurch, daß ehemals verschiedene Volksstämme unsere Heimat bewohnten.

An Schönheit und Ausdrucksstärke steht unser Platt dem Hochdeutschen in keiner Weise nach.

Das nachfolgende Gedicht Augustin Wibbelts zeigt, wie schön unser Platt sein kann:

  • O Sunn!
  • O Sunn, o Sunn, o siälige Sunn,
  • wat lachs du so lustig harunner
  • Un gripps so week und so wann to grunn,
  • dat liäben to wecken, dat wunner!
  • De graue Welt und de griese Wolk,
  • met Gold vergulls du se beide;
  • vull Sülwerglanz legg Diek und Kolk,
  • un mien Hiärt is vull von Freide!

Interessant sind auch die vielen plattdeutschen Redensarten. Hier einige, die auch im Schotthock bekannt sind:

    „Watt man nich in Kopp häw, mot man inne Beene häbben".

    „Watt den eenen sien Uhl, ist denn annern sieh Nachtigall."

    „Kinner von Willen kriegt wat up'n Billen.'

    „'N kuort Gebärt un'n langen End Mettwuorst."

    „Watt de Buer nich kennt, dat frett he nick, dao fratt he'n Gurkenslaot mett de Meßfuorke."

    „Ick häw mie so vullfriäten, datt ick up mienen Buk woll ne Lus knacken kann."

    „Biäter ne Lus in'n Pott, äs gar kien Fleesk".

     

Der alte Konsum im Jahre 1991

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wenn Büschers Hänsken „über" Kümpersdorf ging und einen guten Bekannten traf. Da sagte man sich nicht nur guten Tag. sondern ließ noch irgend etwas Plattdeutsches in deftiger Form folgen. Wenn am Speller Damm die Gärten bestellt wurden oder die Bauern auf dem Lande ackerten, hörte sich das meistens so an:

„Malet Fieraobend!" - „Lao't langsam gaohn! Willt up eenmaol riek wärn?"

„Quiält ju nich to dull!"

„Schön Wiär van dage"

Oder die Fragen:

„Fieraohend'?"

„Blifft guet?"

„Aoft wull Gewitter giff?"

„So flietig?"

„Ant Plögen?"

So ähnlich lauteten die Begegnungen im Schotthock; manchmal fielen sie auch wohl etwas deftig aus. Wer zu alten Schotthockern ins Haus kam, den bat man, sich zu setzen. War dies geschehen, fragte man ihn nach dem Befinden: „Wu geiht'?"

Die Antworten waren verschieden; oft so:

„Et geiht!"

„Gurt!'

„Up dee Föte am besten", oder

„Wie sallt gaohn'?"

„Et sind schlechte Tieten!"

Der Besucher mußte dann wohl hören: „Wat, du steihs doch gurt dao!" oder: „Du kann's doch wull uthaollen!" Wenn sich der Gast verabschiedete, sagte der Gastgeber: „Sallt all wier gaohn?" - „I häbbt doch wull noch een bitken Tied!" Dem Scheidenden wünschte man: „Kumt guet üöwer!" - „Guet gaohn!" - „Holt ju munter!" „Laot ju es wier stehn!" - „Kiekt dee es wier in!" So könnte man noch viele Beispiele bringen, die für das Platt im Schotthocker Alltag typisch sind.

 

Die Mau-Mau-Gruppe; v. 1. n. r; Weckenhrock, Steggink, Borggreve, Schrichten, Steggink, Fockers, Stilling, Sickmann, Sandmann, Sickmann, Gijcking, Klinge, Malon und den Ouden

     

Quellennachweis

  • 1. Vollmer, Heinrich: Stadt und Amt Rheine, Seite 39. 1903
  • 2. Greiwe, Franz: Das Amt Rheine, Seite 488, 1974
  • 3. Kaiser, Hermann: Das Leben einer Kleinstadt am Beispiel Rheines
  • 5. wie 1
  • 6. wie 3
  • 7. wie 3
  • 8. Archäologisches Institut Münster
  • 9. Kolck, Franz: 50 Jahre Männerschützenverein Schotthock. 1963
  • 10. wie 1
  • 11. Staatsarchiv Münster
  • 12. wie 2
  • 13. Tonsmeyer, Josef: Das Fürstentum Rheina Wolbeck, 1980
  • 14. Tönsmeyer, Josef: Das Fürstentum Rheina Wollbeck, Seite 25, 1980
  • 15. Katasteramt Steinfurt
  • 17. Adreßbuch Rheine 1925
  • 18. Adreßbuch Rheine 1937
  • 20. Tombrink, Josef: 25 Jahre St. Ludgerus 1972
  • 21. Sozialplan Stadt Rheine 1986
  • 22. Reckels, Hermann: 75 Jahre C. Kümpers Söhne, Seite 67, 1954
  • 24. Josef Lochte, im Schotthock geboren. 1928 nach Amerika ausgewandert. schrieb diese Verse 1987 in „Opa un sien Bennätzken": er starb 1990 in New Jersey USA
  • 25. Dünheuft, Hauptlehrer: Lesebogen für den Kreis Lingen, S. 380

 

 

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