Startseite

Inhaltsverzeichnis

KAPITEL 1:

Die Geschichte des Schotthocks

KAPITEL 2:

Das Leben im Schotthock

KAPITEL 3:

Es ist lange her

KAPITEL 4:

Die Bauern

 

KAPITEL 7:

Gemeinde im Schotthock

 

Die Wehrbauern des Schotthocks

1 Westlich von Emsbüren liegt in einem Wäldchen ein mächtiger Wallring. Seine Walle ragen noch heute über 9 m hock aus der umliegenden Landschaft. Der mächtige Erdhügel war für alle Heimatforscher ein Rätsel. Der Sage nach sollen Hünen, gewaltige Krieger der Urzeit, diese Burg gebaut haben. Wie aber konnte eine große Festung vollkommen in Vergessenheit geraten? Im Jahre 1939 griff das niedersächsische Landesmuseum diese Frage auf und setzte in der Burg den Spaten zu einer Ausgrabung an. Die Archäologen legten innerhalb der Wälle die Reste von Wohnhäusern und Vorratsschuppen frei.

In einer Wall-Lücke wurde das alte hölzerne Tor gefunden. Die ehemalige Toreinfahrt zeigte sich als Tunnel, der durch den Wall gegraben and mit Stempeln ausgebaut war. Der Wall selbst war ganz aus Heideplaggen aufgetürmt and fest wie eine Mauer. Auf der Wallkrone fanden sich die Bodenspuren einer Brustwehr, die aus oben angespitzten Baumstämmen bestand. Grosse Funde von Waffen, Gefässen, Tonscherben, Beschlagen, Hufeisen und Spinngeräten ließen die Archäologen darauf schließen, daß die Burg in der Zeit von 900 bis 950 n. Chr. erbaut und benutzt wurde. Damit erwies sich die Emsbürener Bauernburg als Denkmal einer großen Notzeit.

Der Leser wird nun denken: „Was hat das alles mit dem Schotthock zu tun?" Wir alle kennen den Walshagenpark mit seinen inzwischen schon angelegten Anlagen. Wenn wir durch diesen Park spazieren, dann laufen wir auf kulturhistorischem Boden; denn der Hof, der im Walshagenpark stand, war so eine alte Bauernburg wie die bei Emsbüren. Auch der Falkenhof, im Stadtkern von Rheine, ist aus einer befestigten Wallburg hervorgegangen.

Wie aber sind die alten Bauernburgen entstanden? Zu Anfang des 10. Jahrhunderts war das Reich Karls des Großen zerfallen. Uneinigkeit und Erbstreitigkeiten seiner Nachkommen hatten die Kraft des Landes erschöpft. Von allen Seiten drangen Feinde in das Reich ein, zerstörten, mordeten und plünderten, und kein Heer konnte sie aufhalten. Sogar die Wikinger fuhren mit ihren schmalen Schiffen die Flüsse Elbe,

  

So etwa müssen die Schutzhofe ausgesehen haben.

Weser, Rhein und Ems hinauf und raubten und mordeten alles, was links und rechts der Flußufer lag. Ob die Wikinger allerdings bis Rheine gekommen sind, ist nicht bekannt. Erst durch Abtretung großer Gebiete in Holland und Nordfrankreich konnte sich das Reich einen teuren Frieden erkaufen.

Kaum war diese Gefahr gebannt, da brachen von Osten die schnellen Reitergeschwader der Ungarn über das gequälte Land. Wo sie auftauchten, brachten sie Tod und Vernichtung. Es gab keine Landschaft, die vor ihnen sicher war. Ob sie auch den Schotthock heimgesucht haben, weiß man nicht, zumal an schriftlichen Überlieferungen aus dieser Zeit sehr wenig vorhanden ist.

In dieser Notzeit wählten die Stammesherzöge im Jahre 919 Herzog Heinrich von Sachsen zum deutschen König (Heinrich der Vogler). Er erkaufte sich durch Zahlung eines hohen Tributs an die Ungarn einen 9 jährigen Waffenstillstand. Während dieser Zeit stellte er ein gepanzertes Reiterheer auf, welches den Ungarn überlegen war. Um das flache Land zu schützen, erließ er ein Burgenbaugesetz. Nach dieser Burgenordnung schlossen sich mehrere Bauern zu

einer Schutzgemeinschaft zusammen. Sie mußten gemeinsam eine Burg bauen, in die sie sich bei der Annäherung von Feinden zurückziehen konnten. So eine Schutzburg hat es auch im Schotthock gegeben. Auf der Burg mußte ein Bauer Wache halten, während die anderen sein Land mitbestellten. Ein Drittel des Vorrats hatte auf der Burg zu sein.

Aber nun zu der Wallburg in Walshagen:

Schon vor mehr als tausend Jahren wurde der Schotthock von der großen Heerstraße, die von der Nordsee nach Süden führt, durchquert. Als in der Zeit von 700 bis 1000 n. Chr. feste Höfe entstanden, der Schotthock aber an der oben genannten Hauptverkehrsstraße lag, hatten die Bewohner besonders unter dem durchziehenden Kriegsvolk zu leiden. Deshalb wallten sie ihre Höfe ein, d.h., sie legten um ihre Höfe mehrere Meter breite und tiefe Gräben. Durch das Ausschachten entstand ein Wall, und deshalb nannte man diese Höfe auch Wallburgen. Im Walshagenpark stand so eine Wallburg.

Ein mächtiger Wall (früher rund 1000 m lang) umgibt die frühere Burg. Im Innern war sie nochmals von

Brücke über den Graben des Schuhhofes im Nadorfkamp

einem mehrere Meter breiten Graben umgeben und nur durch eine Zugbrücke mit der Außenwelt verbunden. In äußerster Not flüchteten die Familien in den Innenteil der Burg, dann wurde die Zugbrücke wurde hochgezogen. Die alten Grundmauern der Häuser sind nicht mehr vorhanden. Das alte Haus neben dem neu errichteten Schafstall im Walshagenpark stand nicht im Schutz des Wassergrabens der Wallburg. Scheipers soll der Schäfer von Walshagen gewesen sein. An der Stelle, wo heute der Hof Scheipers ist, stand früher der Schafstall von Walshagen.

Gegenüber dem Walshagenpark liegt die ehemalige Besitzung Beesten, heute Nadorfskamp, die ebenfalls von Wallgräben umgeben war. Auch befand sich hier noch eine Brücke, allerdings nicht mehr als Zugbrücke angelegt. Der Wallgraben von Beesten ist nicht so bekannt wie der von Walshagen; aber in einer Urkunde vom 20. Febr. 1630 steht: „Das Kloster Bentlage erlaubt der Stadt, welche ihm einen Zuschlag am Barentelge und den Craenfeldischen Wrechten zuzugraben gestattet hat, das Venne gen. Karnstroeh auszustechen und das Wasser aus dem

Venne von Beestens Kreyenesch anhängend abzulassen."

Somit ist bestätigt, daß auch der Hof Beesten einen Wassergraben gehabt hat. Die Wallburg Beesten war wohl zum Schutze des Speller Damms angelegt.

 

Der Bauernhof im Schotthock

Sie sind fast alle verschwunden, die schönen alten Höfe des Schotthocks. Nur einige Eichen erinnern uns noch an ihren früheren Standort.

Wann die ersten Höfe im Schotthock entstanden sind, kann man nicht genau sagen. Ausgrabungen alter Bauernhäuser sind hier nicht vorgenommen worden. Aber in Mesum und in der weiteren Umgebung hat man die Grundpfeiler alter Bauernhäuser ausgegraben und nach den Abdrücken der Pfosten die Häuser rekonstruiert. In Greven-Pentrup ist so ein altes Bauernhaus wiederaufgebaut worden, wie es vor etwa 1000 Jahren ausgesehen hat.

Nachgebauter Sachsenhof in Greven. Pentrup

Aber wann sind nun die ersten Bauernhäuser im Schotthock entstanden? Mit Sicherheit kann man „agen, daß um etwa 2000 v.Chr. der Schotthock besiedelt war. Menschliche Spuren hat das Megalithgrab bei Ahlmer auf der Hovesaat hinterlassen. Es ist aber möglich, daß unsere Gegend schon länger besiedelt gewesen ist. Grabungen im Emsland haben ergeben, daß diese Gegend schon vor rund 8000 - 10000 Jahren besiedelt war.

In unserer Gegend waren, nach alten Aufzeichnungen und Vergleichen mit anderen Gegenden, die ersten Höfe Einzelhöfe. Sie waren auf einem Sandbülten gebaut, nahe am Wasser, und versteckten sich meist unter Eichen und Buchen. Die Höfe Ahlmer, Wiggering, Richter sind so alte Höfe, die auf einem höherliegenden Sandstreifen liegen. Wie wurden nun diese alten Höfe gebaut?

2 Um die Pfosten für die tragenden Wände zu bekommen, fällte man Bäume, möglichst Eichen, die man mit dem Beil einigermaßen glättete. Man stellte zwei Reihen dieser Pfosten auf und legte darauf zwei Kehlbalken. Oben hatten die Pfosten oft eine Gabel, damit die Kehlbalken nicht abrutschen konnten. Über den Balken wurden die Sparren angebracht. So ein Holzgerüst eines alten Bauernhauses zeigt das nächste Bild.

Aufbau eines alten Bauernhauses

Die einzelnen Fachwerke an den Seiten wurden mit Reisig verflochten, mit Moos ausgefüllt und mit Lehm verschmiert. Auch Sand nahm man zur Anfüllung, um den Innenraum warm zu halten; denn durch das Reisig- und Moosgeflecht pfiff der Wind doch gewaltig! Das Dach wurde mit Stroh oder Ried gedeckt, was auch eine gute Wärmedämmung bewirkte. Ein Kamin war nicht vorhanden, die Feuerstelle lag mitten im Raum, der Rauch stieg nach oben und zog durch die offen gelassenen Ritzen ab. Gleichzeitig verscheuchte er die Insekten und machte das Fleisch haltbar.

Der Innenausbau war sehr dürftig: Es war ein großer Raum, in dem die Tiere einen offenen Verschlag hatten. Einen eigenen Raum für die Menschen gab es nicht. Als Bett diente ein Holzgestell in einer Ecke des Raumes, aus Reisig geflochten, auf dem mehrere Menschen Platz hatten. Die Auflage des Gestells war etwa 1 m vom Boden entfernt.

Aus diesem Urtyp eines westfälischen Bauernhauses entwickelte sich über Jahrtausende ohne große Veränderung„das" Bauernhaus. Der Grundriß ist bis auf den heutigen Tag fast unverändert geblieben. Auch Austrup, Welschemeyer und Schottmeyer waren nach dem gleichen Prinzip gebaut. Einige neuzeitliche Veränderungen und Abweichungen sind allerdings schon vorhanden.

Wenn man durch die große Nierndör auf die Diele kam, standen links die Kühe und rechts die Pferde und Schweine. Neben dem Kuhstall war die Kammer der Mägde und neben dem Pferdestall die der Knechte. Das hatte den Zweck, daß man die Tiere beobachten und gegebenenfalls bei Unruhe der Tiere einschreiten konnte. Am Ende der Diele war eine grosse Tür, die sogenannte Schäirwand. Sie war oft mit einem Glasfenster versehen, damit der Bauer Tiere, Knechte und Mägde unter Kontrolle hatte. Hinter der großen Schäirwand lag die Küche, die oft quer durch das ganze Haus ging. In ihrer Mitte war das Herdfeuer, an der Wand zur Guten Stube. In der Küche spielte sich das tägliche Leben ab. Eine Ecke der Küche war abgeteilt als Waschhook; dort stand auch die Pumpe, und dort wurden Milchkannen und Geschirr gewaschen. Hinter der Küche lagen die Zimmer des Bauern, Schlafzimmer und die Gute Stube. Die Schlafkammern waren ohne jede Aufmachung, während die Gute Stube bei einigen Bauern ein kleines Prunkstück mit schönen alten Eichenmöbeln war. Bei vielen Bauern war die gute Stube jedoch einfach und gemütlich eingerichtet.

So könnten die Höfe auf der Hovesaat ausgesehen haben.

Auf der Upkammer schliefen oft die Kinder, weil es dort am wärmsten war. Man gelangte dorthin über eine Treppe, die gleichzeitig der Eingang zum Keller war. Hatte man sie hochgeklappt, konnte man über ein paar Stufen in den Keller gehen. Der war sehr niedrig und auch nicht mit einem Fußboden ausgelegt. ln nassen Jahreszeiten stand er dann oft unter Wasser. Darum legte man früher viele Bauernhöfe an Stellen an, die keinen hohen Grundwasserspiegel hatten. Es wäre noch vieles über die alten Bauernhäuser zu schreiben; aber das ergäbe dann ein zu langes Kapitel und würde auch nicht alle Leser interessieren.

 

Der Hof Welschemeyer

3 Einer der ältesten Höfe, nicht nur des Schotthocks, sondern auch von Rheine, ist das Wolschenhus an der Ludgeristraße. Das alte Anwesen, welches schon zur Zeit Karls des Großen entstanden ist, wird im Mittelalter als „ dat Wolschenhus to Astorpe " bezeichnet. Als ersten Besitzer kennen wir Sander von Brochterbeck,der im Jahre 1384 diesen Hof mit dem dazugehörigen Wigboldgut Helmigh dem Gruthere (Grüter) und dessen Ehefrau verpfändet. Von diesem kam es auf die bekannte Adelsfamilie von Morrien. Ein Gerd Morrien verkaufte im Jahre 1450 das Erbe Wolschenhoff an Gerd Kremer und dessen Frau.

Modell des Schotthocks, um 1800

 

Dieser Gerd Kremer ist als Stifter des alten Hospitals im Jahre 1430 in Rheine bekannt geworden. Vor dem Richter Johann Grüter übergab Gerd Kremer im Jahre 1466 das Erbe Wolschenhus to Astorpe der Stiftung des „ Alten Hospitals". Bis zum Übergang des alten Hofes in privates Eigentumsrecht ist er dem „Alten Hospital" eigenhörig geblieben.In der Viehschattung (Angabe des Viehbestandes)des Oberstifts Münster vom Jahre 1534 wird der Hof Welschemeyer wie folgt beziffert:

3 Pferde, 2 Kühe, 1 Rind, 4 Ferkel, 3 Schafe. An Steuerabgaben hatte er 1 Mark, 5 Schilling und 6 Deut zu zahlen. Der Hof war laut der Liste der jährlich zu gebenden Gerstenpacht für das Alte Ho,pital recht ertragreich: So gab Hermann Welschemeyer im Jahre 1693 dem Grundherren 22 Scheffel Gerstenpacht. Ferner gab er an den Staelhof 1 1/2 Scheffel, an die Klosterherren in Bentlage 1 1/2 Pint und an den Falkenhof 5 Pint. Vier Pint waren ein Scheffel, 1 Scheffel Gerste wog 35 Pfund. Welschemeyers Äcker lagen im Sadel, auf dem Kreyenesch, auf dem Stadtberg und auf dem Mühlenkamp rechts der Ems. Aus der Markenteilung des Altenrheiner Brooks waren Georg Krafeld 149 Morgen Grund zugefallen, von denen er im Jahre 1848 dem Freiherrn von Landsberg-Velen auf Venhaus 60 Morgen erkaufte.

Hier noch weitere Abgaben, die den alten Hof sonst noch belasteten:

  • 1. Jährlich ein Scheffel Gerste an den zeitlichen Pastor an St. Dionysius (Dr. Bisping)
  • 2. Jährlich 1 1/2 Scheffel Gerste an den zeitlichen Küster von St. Dionysius (Fischer)
  • 3. Jährlich ein Canon von 2 Gutegroschen und 8 Pfg. an die Pfarrkirche
  • 4. Das dem Alten Hospital zu Rheine an das sonst eigenhörige Colonat vom Jahre 1820 zustehende gutsherrliche Recht und die daraus zu erhebenden Pächte, die in 16 Reichstalern an Geld und 10 314 Roggen bestehen
  • (Abgaben an die Rheina-Wolbecksche Besitzung mit Sitz im Kloster Bentlage)

Der Name des Hofes änderte sich im Laufe seines Bestehens sehr oft, allerdings ist immer der Grundname zuerkennen, z.B. Welschenerve, Wolschenhus, Woleschenhus. Heute als Welschemeyer bekannt, hielt der Hof an seinem Grundnamen fest, auch als ihn im Jahre 1855 Georg Krafeld aus Nordwalde für 700 Taler kaufte. Durch diesen Kauf löste Krafeld die Eigenbehörigkeit des Hofes ab.

Heute ist das Anwesen aus dem Bilde des Schotthocks verschwunden. Gegenüber der Ludgerusschule, auf dem heutigen Gelände des AWO-Kindergartens, hat es, von alten Eichen umsäumt, fast ein Jahrtausend gestanden. Nur ein paar knorrige Eichen zeugen noch von jener Zeit. Nach dem Abriß des Hofes zog Heinrich Welschemeyer zum Lingener Damm, in die Nähe von Holsterfeld, um seinen landwirtschaftlichen Betrieb dort weiterzuführen.

.

Weiter: Holzgerichte / Die Markenteilung im Schotthock / Die Ablösungen im Schotthock